Transparenz und Sichtbarkeit für Biobanken
Dr. Dr. Michael Kiehntopf und Sebastian C. Semler im Gespräch über die Freischaltung des Deutschen Biobanken-Registers
Dr. Dr. Michael Kiehntopf und Sebastian C. Semler
Juni 2012. Ende April 2012 wurde das Deutsche Biobanken-Register
offiziell gelauncht. Wie Projektleiter Michael
Kiehntopf und TMF-Geschäftsführer Sebastian Semler betonen,
leistet das Register einen wichtigen Beitrag zur Transparenz im Bereich Biobanken
und erleichtert Forschern die Arbeit.
Vor wenigen Wochen wurde das Deutsche Biobanken-Register freigeschaltet – was
ist jetzt neu?
Kiehntopf: Das Deutsche Biobanken-Register ist jetzt mit
einem völlig neuen Web-Auftritt online gegangen. Dadurch ist es nun möglich,
dass sich jede Biobank selber online registrieren, ihre Daten selber eingeben
und damit auch immer auf einem aktuellen Stand halten kann. Darüber hinaus
können jetzt, gegenüber der alten Register-Version der Pilotphase, umfangreiche
Suchanfragen durchgeführt werden, die dem Nutzer eine schnelle informative
Übersicht zu bestimmten Probensammlungen und Biobanken ermöglichen. Damit
bildet das Register auch eine wesentliche Grundlage für Forscher, geeignete
Partner und Proben für ihre Forschungsprojekte zu finden.
Auch der Deutsche Ethikrat und der Gesundheitsforschungsrat haben in den
vergangenen Jahren die Einrichtung eines Biobanken-Registers gefordert. Was
wird das Register leisten?
Semler: Das Register wird eine für die Öffentlichkeit
recherchierbare Übersicht bieten über diejenigen Projekte und Institutionen,
die Probensammlungen von Patienten und Probanden für Zwecke der medizinischen
Forschung aufbauen. Es trägt damit zur Transparenz gegenüber dem Bürger und
gegenüber den Förderorganisationen bei, es unterstützt die Sichtbarkeit der
Biobanken und fördert damit die Kooperation von Forschern sowie die Nachnutzung
von gespendeten Proben.
Seit 2009 war bereits eine Vorläuferversion des Deutschen
Biobanken-Registers bei der TMF verfügbar. Welche Effekte auf die
Biobanken-Forschung können Sie feststellen?
Kiehntopf: Schon die Vorläuferversion des Deutschen
Biobanken-Registers hat deutlich gemacht, wie wichtig ein Verzeichnis deutscher
Biobanken ist. Selbst innerhalb der Biobanken-Forschung besteht häufig Unklarheit
darüber, welche Proben in welchen Forschungsprojekten gesammelt und in welcher
Biobank gelagert werden. Hierzu konnte schon das Vorläuferverzeichnis eine
kleinen Beitrag zur dringend benötigten Transparenz liefern.
Warum eignet sich gerade die TMF als Betreiberin des Registers?
Semler: Forschung ist heutzutage einem großen Wettbewerb um
Finanzmittel und Publikationsmöglichkeiten unterworfen. Insofern ist ein
neutraler Sachwalter wie die TMF als Betreiber für ein solches Register
geeignet. Zugleich gilt es, gemeinsam mit den registrierten Biobanken einen
Prozess zur Festlegung gemeinsamer Qualitätsstandards zu organisieren. Die in
den vergangenen neun Jahren erworbene Erfahrung der TMF und ihrer Arbeitsgruppe
Biomaterialbanken, solche Prozesse zu organisieren, dürfte sich hierfür als
wertvoll erweisen.
Das User Portal ist jetzt ganz neu in das Register integriert worden. Was
versprechen Sie sich von dieser Plattform?
Kiehntopf: Das User Portal dient zum Informationsaustausch
für die vielen Bereiche, die es im Biobanking zu beachten gilt. Neben ethischen
und rechtlichen Fragen sollen hier auch insbesondere Fragen zum Datenschutz und
zur Qualitätssicherung behandelt werden. Das Portal kann als Diskussions- und
Austauschplattform die Erfahrungen und Lösungsmöglichkeiten, die sich bei
einigen Biobanken bewährt haben, für andere Biobanken zur Verfügungen stellen, die gerade
im Aufbau sind. Damit wird die bereits vorhandene Expertise effizient für
andere verfügbar. Der unnötigen Entwicklung paralleler Problemlösungen wird
damit vorgebeugt, wodurch letztendlich wertvolle Forschungsmittel eingespart und
effizienter eingesetzt werden können.
Das Deutsche Biobanken-Register gibt eine Übersicht über die vorhandenen,
jedoch sehr heterogenen Biobanken-Ressourcen. Was wären die nächsten Schritte,
um Deutschland im internationalen Wettbewerb noch besser aufzustellen?
Semler: Wir
dürfen nicht erwarten, dass die Welt in einem deutschen Register nachschlägt,
um deutsche Biobanken zu finden. Vielmehr arbeiten wir an der
englischsprachigen Außendarstellung des Registers sowie insbesondere an der
Verzahnung mit internationalen Projekten und Portalen zu Biobanking wie zum
Beispiel BBMRI oder ISBER/ESBB. Die TMF ist stellvertretend aktives Mitglied
bei ESBB. Über die kontinuierliche Präsenz und Repräsentanz des Registers auf
internationalem Terrain wird die Wahrnehmung einer gut vernetzten und zusammen
arbeitenden deutschen Biobanken-Community verbessert – zusätzlich natürlich zu
der internationalen Aufmerksamkeit, die jede einzelne Biobank durch ihre
erfolgreichen Projekte und Publikationen erzielt.
Herr Dr. Kiehntopf,
Herr Semler, haben Sie herzlichen Dank für das Gespräch.
Das
Interview führte Beate Achilles.
- Deutsches Biobanken-Register | www.biobanken.de
- News vom 24.04.2012 zum Kick off des Deutschen Biobanken-Registers
Dr. Dr. Michael Kiehntopf ist kommissarischer Direktor
des Instituts für Klinische Chemie und
Laboratoriumsdiagnostik des
Universitätsklinikums Jena
und TMF-Vorstandsmitglied. Er hat als Projektleiter den
Aufbau des Deutschen Biobanken-Registers begleitet.
Sebastian Claudius Semler ist
wissenschaftlicher
Geschäftsführer der TMF.