“In den Lebenswissenschaften nimmt die Bedeutung von wissenschaftlichen Infrastrukturen zu“
Interview mit Dr. Katja Hartig (DFG) zum Start der Förderprojekte unter Nutzung der TMF
Dr. Katja Hartig
September 2016. Im vergangenen Jahr hatte die DFG die Förderung von Forschungsprojekten unter Nutzung der Angebote
der TMF ausgeschrieben. Die ausgewählten Projekte nehmen nun ihre Arbeit auf. Im
Interview erläutert Dr. Katja Hartig, Programmdirektorin Medizin in der DFG-Geschäftsstelle, die Ziele der Fördermaßnahme und die Aktivitäten der DFG
zur Unterstützung des Umgangs mit Forschungsdaten und des hierfür notwendigen
Aufbaus und Betriebs wissenschaftlicher Infrastrukturen.
Die DFG fördert neun Projekte, die Infrastrukturen
für die medizinische Forschung in Zusammenarbeit mit der TMF aufbauen. Was ist
der Hintergrund für diese Förderung?
Die DFG gehört gemeinsam mit dem BMBF dem Rat der Förderer
der TMF an, weil die Bedeutung wissenschaftlicher Infrastrukturen für die
Durchführbarkeit von Forschungsprojekten in der Medizin seit vielen Jahren
zunimmt. In diesem Zusammenhang hat die TMF wesentlich zur Entwicklung von
Unterstützungsangeboten, wie der Werkzeug- und Leitfadenentwicklung, und der
Unterstützung von Abstimmungsprozessen beigetragen. Neben dem Angebot von
breiter einsetzbaren technischen Lösungen oder Empfehlungen wird mehr und mehr
individuelle Beratung und Unterstützung bei der Planung und Durchführung von
medizinischen Forschungsvorhaben geleistet.
Auch wenn die TMF zur Entwicklung und der
dauerhaften Zugänglichkeiten von Infrastrukturen, wie Softwareapplikationen,
relevanten Suchportalen oder spezifischen Datenbanken beiträgt, muss sich die
TMF selbst mit der Frage der nachhaltigen Finanzierung auseinandersetzen. Wie
bei anderen vergleichbaren unterstützenden Strukturen in der Wissenschaft gibt
es nur eingeschränkte und zeitlich limitierte Finanzierungsmöglichkeiten bei
Förderorganisationen. Es wird erwartet, dass von den Strukturen selbst
tragfähige Finanzierungsmodelle gefunden werden.
Um die TMF bei der Etablierung eines
Finanzierungsmodells zu unterstützen und den kostenfreien Zugang zur den
Produkten, den Unterstützungs- und Beratungsangeboten für die wissenschaftliche
Community auch weiterhin sicherzustellen, hat sich die DFG entschlossen, mit
der Aufforderung zur Ausarbeitung von Projekten an und mit der TMF die
verstärkte Nutzung der dort vorhandenen Möglichkeiten gezielt anzuregen.
Welches Ziel wird mit der Förderung verfolgt?
Mit der Aufforderung, Projektideen unter Nutzung der
Angebote der TMF zu entwickeln, wird einerseits der Mehrwert einer solchen
Struktur sichtbar, andererseits wird die Weiterentwicklung der Angebote und
Prozesse der TMF herausgefordert und stimuliert.
Welche Projekte werden gefördert?
An dieser Stelle ist es wichtig zu erwähnen, dass alle
Projekte aus einem offenen Workshop hervorgegangen sind, der im September 2015
durchgeführt wurde. Aufgrund der unerwartet großen Nachfrage konnten letztlich
nur die ersten 50 Interessenten an der Veranstaltung teilnehmen, ihre Ideen
vorstellen und mit den Anwesenden weiterentwickeln. Inhaltliche Beschränkungen
gab es hierbei nicht. Ausgehend von diesen Ideen sind letztlich 22
Forschungsanträge bei der DFG eingetroffen. Neun Anträge wurden von einer
interdisziplinär zusammengesetzten Gutachtergruppe zur Förderung empfohlen.
Eine Zusammenstellung der geförderten Projekte findet sich
in unserer Pressemitteilung,
auf die ich an dieser Stelle verweisen möchte.
Welche Ergebnisse erwarten Sie?
Wir erwarten, dass in allen Projekten der Mehrwert einer
zentralen Struktur wie der TMF für die Durchführung von derartigen
Forschungsprojekten sichtbar und verständlich wird. Wir erwarten andererseits,
dass die TMF aufgrund der engen Interaktion mit den Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftlern in den Projekten wichtige Impulse erhält, welche zur
Weiterentwicklung der TMF beitragen. Darüber hinaus werden in allen Projekten
Werkzeuge oder Infrastrukturen etabliert oder angepasst, die für die spätere
Nachnutzung für die Community zur Verfügung stehen werden.
Wie schätzen Sie die Bedeutung der Förderung von Infrastrukturen für die
medizinische Forschung insgesamt ein? Welche Maßnahmen ergreift die DFG?
In den gesamten Lebenswissenschaften nimmt die Bedeutung von
wissenschaftlichen Infrastrukturen, wie zentralen Datenbanken,
Softwareentwicklungen, Biobanken oder anderen stofflichen Sammlungen zu. Die
DFG hat durch die Einrichtung eines spezifischen Förderprogramms „Infrastrukturen für Forschungsdaten“ auf die wachsende Nachfrage reagiert.
Zusätzlich dazu wurde durch die Veröffentlichung von Leitlinien zum Umgang mit Forschungsdaten die Relevanz des Themas aus Sicht der DFG
verdeutlicht. Die Communities wurden zur fachspezifischen Ausgestaltung der
übergeordneten Leitlinien aufgefordert und gebeten, Mindeststandards für die
Bewilligung von DFG-Projekten zu definieren.
In der Medizin wird dieser Prozess aktuell durch die
öffentliche Debatte über die unzureichende Replizierbarkeit von
Forschungsergebnissen in der biomedizinischen Forschung begleitet. Hierzu gab
es im Dezember 2015 ein DFG-Rundgespräch, in welchem konkrete Maßnahmen zur
Verbesserung der Situation vorgeschlagen wurden. An deren Umsetzung wird
aktuell gearbeitet.
Ein besserer Umgang mit Forschungsdaten und eine Optimierung
der Nachvollziehbarkeit von Forschungsergebnissen bedingen sehr unmittelbar die
Existenz und nachhaltige Finanzierung von geeigneten Infrastrukturen. Die DFG
wird daher auch weiterhin an der Gestaltung und dem Erhalt von wissenschaftlich
relevanten Rahmenbedingungen für die Forschung in dem ihr möglichen Rahmen
mitwirken.
Dr. Katja Hartig ist
Programmdirektorin in der Gruppe Medizin der Geschäftsstelle der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DGF). Sie vertritt die DFG-Geschäftsstelle im Rat der Förderer der TMF.
Weitere Informationen
- Pressemitteilung der DFG vom 8. Juli 2016 zum Start der Projekte unter Nutzung der TMF
- DFG-Förderprogramm "Infrastrukturen für Forschungsdaten"
- DFG-Leitlinien zum Umgang mit Forschungsdaten
- Rat der Förderer der TMF