Home
Über uns
Mitglieder
Arbeitsgruppen
Projekte
Produkte
Publikationen
Stellungnahmen
News
Interviews und Namensbeiträge
Newsletter
Presse
Termine
Stellenmarkt
Online-Services
 

 

"Register parallel zu klinischen Studien führen"

Interview mit Prof. Dr. Edmund Neugebauer über die Notwendigkeit, Qualitätsstandards für Register zu entwickeln

September 2009. "Ich sehe den Wert von Registern in absoluter Ergänzung zu klinischen Studien und fordere die Community auf, Register bei großen Indikationsfeldern immer parallel zu den klinischen Studien zu führen."

Das Interview führte Antje Schütt im Juli 2009. Eine Kurzfassung erscheint in der Zeitschrift E-HEALTH-COM 5 2009.

Herr Professor Neugebauer, wozu dienen Register und welchen Wert haben sie speziell für die Versorgungsforschung?

Im Prinzip gibt es zwei verschiedene Formen von Registern: Zum einen die populationsbezogenen Register, mit denen epidemiologische Zusammenhänge dargestellt werden können. Zum anderen die patientenbezogenen Register, die uns besonders interessieren. Solche Register dienen beispielsweise dem kontinuierlichen Monitoring zu Intervention und Outcomes, der Nutzung von Daten als Benchmarking-Instrument und der Etablierung medizinischer Standards.

Wir selber haben mit dem Trauma-Register der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie mit inzwischen mehr als 35.000 schwerverletzten Patienten gute Erfahrungen gemacht. Aus diesem Register erstellen wir regelmäßig Qualitätsberichte und ein Benchmarking. Die Krankenhäuser erhalten jeweils ihre Daten im Vergleich zu den anonymisierten Daten der anderen Häuser. Daraus können sie dann die Stellschrauben ermitteln, an denen sie drehen müssen, um besser zu werden – ein Erfolgsmodell.

Ich sehe den Wert von Registern in absoluter Ergänzung zu klinischen Studien und fordere die Community auf, Register bei großen Indikationsfeldern immer parallel zu den klinischen Studien zu führen. Ein gutes Beispiel für den Stellenwert von Registern ist die Geschichte des Drug-eluting Stent: Hier hat man sich lange auf die Ergebnisse aus klinischen Studien verlassen, die einen Überlebensvorteil nahe legten. Erst später hat man anhand von Registerdaten gesehen, dass die Mortalitätsrate bei Drug-eluting Stents höher ist als bei  Bare-Metal Stents, jedenfalls in der derzeitigen Entwicklungsstufe.

Die Kombination von Efficacy, die durch klinische Studien nachgewiesen wird, und Effectiveness, als Ergebnis aus Registern, lässt nachher auch eine vernünftige Bewertung von Interventionen beispielsweise über den Gemeinsamen Bundesausschuss zu. Firmen scheuen sich jedoch bisher, Register zu finanzieren, weil sich die Kriterien der FDA oder auch des GBA Wesentlichen auf randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) stützen. Aber in der Bewertung für die Zulassung wird eine Zusatzinformation über die Breite in der Anwendung später helfen, tatsächlich zu einer besseren und sichereren Bewertung zu kommen. Wir müssen diesen Prozess induzieren – auch bei den regulatorischen Behörden.

Sie haben im Deutschen Netzwerk Versorgungsforschung (DNVF) eine Arbeitsgruppe zum Thema Register eingerichtet. Welche Ziele verfolgen Sie damit?

In dieser Arbeitsgruppe geht es tatsächlich hauptsächlich um patientenbezogene – klinische – Register. Es geht uns darum, Benchmarking zu betreiben und die Qualität der Versorgung in den verschiedensten Krankheitsfeldern zu beurteilen. Darüber hinaus müssen wir einer ganzen Reihe von gestiegenen Anforderungen in der Versorgungsforschung gerecht werden.

Gemeinsam erarbeiten wir derzeit ein Memorandum zum Thema Registerforschung, das wir beim Deutschen Kongress für Versorgungsforschung in Heidelberg Anfang Oktober erstmals öffentlich vorstellen und diskutieren wollen.

Bisher verfolgen die klinischen Register zum Teil sehr unterschiedliche Ziele und verwenden eine sehr variable Methodik. Wir bereiten deshalb eine konsensfähige Definition zum Konzept „Register“ vor. Außerdem erstellen wir eine Auflistung relevanter Qualitätsaspekte, also verschiedener Dimensionen und Indikatoren zur Datenqualität. Vor allem aber erarbeiten wir Empfehlungen zur Erstellung von Registern.

Die derzeit 44 Fachgesellschaften, die im DNVF zusammengeschlossen sind, sind aufgefordert, hier gemeinsam zu einem Konsens zu kommen. Das ist wichtig, da die Interessen fächerspezifisch sehr unterschiedlich sind – von Krebsregistern und Herzinfarktregistern angefangen bis  zu Traumaregistern oder beispielsweise den Registern in den verschiedenen Kompetenznetzen.

Wir wollen also ein bundesweit gültiges Papier erstellen, an dem man sich orientieren kann, wenn man künftig Register aufbaut. Ziel ist im Prinzip, die Qualität der Registerforschung als wesentliche Ergänzung zu klinischen Studien zu verbessern, weil wir dort einen absoluten Nachholbedarf sehen.

Ein funktionsfähiges Forschungsregister braucht eine leistungsfähige Kommunikations- und IT-Infrastruktur. Welche Herausforderungen stellen sich beim Aufbau dieser Strukturen?

Das ganze Thema Datenschutz und Datensicherheit ist natürlich ein großes Problem. Es geht ja um Patientendaten. Brauche ich – wie bei einer klinischen Studie – eine Patienteneinwilligungserklärung? Können die Daten anonymisiert werden oder muss es nicht doch eine Möglichkeit geben, den individuellen Fall im einzelnen Zentrum rückzuverfolgen?

Dies ist zum Beispiel sinnvoll, damit die Krankenhäuser aus den besten und den schlechtesten Fällen lernen können – „Ausreißerforschung“: Ein Patient ist beispielsweise plötzlich verstorben, obwohl das Risiko klein war. Was ist der Hintergrund? Oder umgekehrt: Jemand hat überlebt, obwohl seine Prognose sehr schlecht war. Was hat dazu geführt? Dazu brauchen wir Datenverschlüsselungen in verschiedenen Stufen – ein Feld, in dem die TMF ja schon viel Erfahrung hat.

Die TMF arbeitet in der Arbeitsgruppe mit. Was erwarten Sie von der Kooperation?

Die TMF ist für uns eine wichtige Organisation im Zusammenhang mit dem Aufbau der Kommunikationsinfrastruktur für die Register. Wir erhoffen uns Unterstützung bei der technischen Umsetzung einer vernünftigen Kommunikationsplattform für den Datenaustausch zwischen den Fachgesellschaften und den Zentren.

Auch bei der Entwicklung von Software-Werkzeugen erwarten wir Hilfestellung: Wenn wir wollen, dass Register analog zu klinischen Studien als zusätzliche Erkenntnisquelle agieren sollen, brauchen wir auch eine ähnlich gute Software, wie wir sie für klinische Studien haben. Also so etwas wie ein Electronic Data Capture System. Hier hat die TMF ja bereits einige Erfahrungen gesammelt.

Außerdem hoffen wir auch, dass uns die TMF bei der Erstellung von Standard Operating Procedures (SOPs) für Register hilft.

Nachhaltigkeit, Sichtbarkeit, Harmonisierung und Standardisierung sowie Datenqualität – diesbezüglich herrschen gegenüber den diversen öffentlich geförderten Registern Vorbehalte. Was kann man unternehmen, um die Register in dieser Hinsicht zu stärken?

Eines der Ziele der Arbeitsgruppe ist ja, Qualitätsstandards für Register zu definieren. Wenn wir künftig in der Versorgungsforschung Register als valides Tool in Ergänzung zu klinischen Studien einsetzen wollen, brauchen wir Qualitätsnormen, die ähnlich hoch sind, wie sie bei den klinischen Studien beispielsweise mit den GCP-Kriterien gefordert sind. Wir wollen dazu eine Checkliste erstellen, die – nur als Beispiel – als Kriterium enthält, dass die Daten vollzählig und vollständig erhoben und dokumentiert werden.

Absolut sinnvoll wäre darüber hinaus, ein Register für Register zu haben. Wenn man im Moment versucht, sich einen Überblick über die vorhandenen Register zu verschaffen, ist man verloren. Jeder bezieht sich auf irgendein Register, und keiner kann eigentlich sagen, wie gut die Qualität dieses Registers ist. Die ganzen Qualitätskriterien, die in entsprechende Reportstrukturen einfließen müssten, müssen wir erst einmal festlegen – das ist ja auch das Ziel unserer Arbeitsgruppe. Erst wenn wir diese Kriterien haben, können Register durchgehend so valide werden, wie es klinische Studien mittlerweile sind.

Wenn wir das wie geplant gemeinsam schaffen würden, wäre das ein riesengroßer Schritt. Das Potential, das sich mit Registern erschließen lässt, ist enorm und möglicherweise noch höher das von klinischen Studien. Auf jeden Fall helfen Register, die Datenlage und die Sicherheit zu verbessern und die Erstattung transparenter zu machen.


  1. Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung (DNVF)
  2. AG Register des DNVF

News Archiv

September 2023 (7)

August 2023 (2)

Juli 2023 (4)

Juni 2023 (4)

Mai 2023 (6)

April 2023 (4)

März 2023 (3)

Februar 2023 (5)

Januar 2023 (5)

Dezember 2022 (4)

November 2022 (2)

Oktober 2022 (4)

September 2022 (4)

August 2022 (5)

Juli 2022 (4)

Juni 2022 (7)

Mai 2022 (6)

April 2022 (4)

März 2022 (5)

Februar 2022 (1)

Januar 2022 (6)

Dezember 2021 (7)

November 2021 (5)

Oktober 2021 (4)

September 2021 (2)

August 2021 (1)

Juli 2021 (4)

Juni 2021 (6)

Mai 2021 (4)

April 2021 (1)

März 2021 (3)

Februar 2021 (4)

Januar 2021 (4)

Dezember 2020 (3)

November 2020 (4)

Oktober 2020 (3)

August 2020 (1)

Juli 2020 (2)

Juni 2020 (2)

Mai 2020 (2)

April 2020 (4)

März 2020 (4)

Februar 2020 (3)

Januar 2020 (1)

Dezember 2019 (3)

November 2019 (5)

Oktober 2019 (3)

September 2019 (8)

August 2019 (2)

Juli 2019 (4)

Juni 2019 (4)

Mai 2019 (5)

April 2019 (3)

März 2019 (5)

Februar 2019 (2)

Januar 2019 (2)

Dezember 2018 (6)

November 2018 (5)

Oktober 2018 (9)

September 2018 (5)

August 2018 (3)

Juli 2018 (2)

Juni 2018 (7)

Mai 2018 (1)

April 2018 (1)

März 2018 (7)

Februar 2018 (2)

Januar 2018 (7)

Dezember 2017 (6)

November 2017 (2)

Oktober 2017 (3)

September 2017 (4)

August 2017 (1)

Juli 2017 (8)

Juni 2017 (9)

Mai 2017 (4)

April 2017 (2)

März 2017 (5)

Februar 2017 (2)

Januar 2017 (4)

Dezember 2016 (8)

November 2016 (5)

Oktober 2016 (4)

September 2016 (7)

August 2016 (5)

Juli 2016 (8)

Juni 2016 (5)

Mai 2016 (3)

April 2016 (11)

März 2016 (5)

Februar 2016 (3)

Januar 2016 (8)

Dezember 2015 (6)

November 2015 (3)

Oktober 2015 (8)

September 2015 (5)

August 2015 (4)

Juli 2015 (7)

Juni 2015 (7)

Mai 2015 (5)

April 2015 (2)

März 2015 (6)

Februar 2015 (7)

Januar 2015 (8)

Dezember 2014 (6)

November 2014 (9)

Oktober 2014 (10)

September 2014 (3)

Juli 2014 (6)

Juni 2014 (5)

Mai 2014 (4)

April 2014 (8)

März 2014 (8)

Februar 2014 (6)

Januar 2014 (7)

Dezember 2013 (8)

November 2013 (6)

Oktober 2013 (5)

September 2013 (10)

August 2013 (4)

Juli 2013 (8)

Juni 2013 (7)

Mai 2013 (4)

April 2013 (9)

März 2013 (9)

Februar 2013 (5)

Januar 2013 (5)

Dezember 2012 (7)

November 2012 (5)

Oktober 2012 (5)

September 2012 (5)

August 2012 (3)

Juli 2012 (4)

Juni 2012 (4)

Mai 2012 (3)

April 2012 (3)

März 2012 (5)

Januar 2012 (7)

Dezember 2011 (2)

November 2011 (8)

Oktober 2011 (10)

September 2011 (2)

August 2011 (5)

Juli 2011 (3)

Juni 2011 (5)

Mai 2011 (8)

April 2011 (4)

März 2011 (5)

Februar 2011 (3)

Januar 2011 (5)

Dezember 2010 (3)

November 2010 (3)

Oktober 2010 (5)

September 2010 (9)

August 2010 (5)

Juli 2010 (6)

Juni 2010 (12)

Mai 2010 (3)

April 2010 (4)

März 2010 (4)

Februar 2010 (4)

Januar 2010 (1)

Dezember 2009 (1)

November 2009 (1)

Oktober 2009 (5)

September 2009 (8)

August 2009 (1)

Juli 2009 (8)

Juni 2009 (6)

Mai 2009 (2)

April 2009 (6)

März 2009 (5)

Februar 2009 (4)

Januar 2009 (2)

Dezember 2008 (3)

November 2008 (6)

Oktober 2008 (3)

September 2008 (5)

August 2008 (3)

Juli 2008 (5)

Juni 2008 (4)

Mai 2008 (3)

April 2008 (6)

März 2008 (3)

Februar 2008 (1)

Januar 2008 (2)

Dezember 2007 (2)

November 2007 (4)

Oktober 2007 (4)

September 2007 (5)

Juni 2007 (2)

Mai 2007 (1)

April 2007 (6)

Januar 2007 (1)

Dezember 2006 (8)

November 2006 (4)

Oktober 2006 (1)

September 2006 (4)

August 2006 (1)

Juli 2006 (1)

Juni 2006 (3)

Mai 2006 (1)

April 2006 (3)

März 2006 (1)

Februar 2006 (1)

Januar 2006 (2)

Dezember 2005 (3)

November 2005 (1)

Oktober 2005 (1)

September 2005 (2)

August 2005 (2)

Juli 2005 (3)

Juni 2005 (2)

April 2005 (4)

November 2004 (1)

Oktober 2004 (1)

September 2004 (1)

August 2004 (1)

Juni 2004 (2)

Mai 2004 (1)

Februar 2003 (1)

Presseschau

Termine

Interviews

„Nötig ist ein Gesamtkonzept"

Interview mit der EHEALTH.COM (Ausgabe 5/2023)


 
© TMF e.V. Glossar     Datenschutzhinweis     Info an den Webmaster     Seite drucken      Seitenanfang